Sind Roboter die Lösung?
In Wien sind die neuesten OP-Roboter im Einsatz. Aber helfen sie auch gegen den Personalmangel?
„Irgendwann werden wir von Robotern ersetzt.“ Aussagen wie diese hört man immer wieder. Die ersten Unsicherheiten kamen mit Science-Fiction-Filmen, die als Prophezeiung gegolten haben, dass einige Jobs von Robotern ersetzt werden. Doch was steckt wirklich dahinter? Kann der Personalmangel mit moderner Technologie abgefedert werden?
Im Gesundheitsbereich setzt man etwa auf Roboter-assistierte Systeme. Der sogenannte OP-Roboter da Vinci Xi ist aber keinesfalls Ersatz für Personal. Er hilft lediglich. „Überall, wo Digitalisierung und Technik das Personal unterstützen, begrüßen wir ihren Einsatz“, sagt Edgar Martin, Vorsitzender des Team Gesundheit in der younion _ Die Daseinsgewerkschaft (Hauptgruppe II). Doch was genau kann der OP-Roboter da Vinci Xi?
Roboter im OP-Saal
Im Wiener Gesundheitsverbund werden insgesamt sechs OP-Roboter verwendet. Vorerst in der Urologie, Allgemeinchirurgie, Gynäkologie und HNO.
Mit dem Roboter sind komplexere Manöver als mit klassischen laparoskopischen Instrumenten möglich. Zudem wird das Zittern der Hände von Operateur:innen ausgeglichen. Gleichzeitig werden Nerven und Blutgefäße der Patient:innen geschont und die Schmerzen nach der Operation so gering wie möglich gehalten. Das bringt den Vorteil mit sich, dass Patient:innen schneller nach Hause können. Ein weiterer Benefit ist, dass das dreidimensionale hochauflösende Bild eine zehnfach vergrößerte Bilddarstellung liefert.
Operiert wird mittels Kamera und Instrumenten. Die Chirurg:innen stehen während des Eingriffs nicht mehr am OP-Tisch, sondern bedienen mit Blick auf den Bildschirm eine Konsole. Sobald die Augen nicht mehr auf den Bildschirm gerichtet sind, stoppt das System. Für das ganze Prozedere ist neben der allgemeinchirurgischen Ausbildung eine zusätzliche notwendig. Rund zwei Monate wird am Simulator trainiert. Danach wird an Gewebe geprobt und abschließend unter Anleitung von sogenannten Proktor:innen Operationen durchgeführt.
Die erste Schulungsphase in den Kliniken des Wiener Gesundheitsverbundes ist bis zum Sommer abgeschlossen. „Für die Kolleg:innen des jeweiligen Partnerspitals der Region wird es Slots im OP geben, damit die Robotik von allen genutzt werden kann“, erklärt Michael Binder, medizinischer Direktor. Die sechs OP-Roboter der Firma Intuitive Surgical Sárl stehen in einem Zeitraum von vier Jahren zur Verfügung.
„Fähigkeit zur Empathie ist eingeschränkt“
„Klar ist, dass Technik und künstliche Intelligenz in bestimmten Bereichen eine große Unterstützung sein können. Etwa in der Diagnostik bei Röntgenbildern oder bei Hautveränderungen“, weiß Edgar Martin. In Japan kommen Roboter auch verstärkt in der Betreuung von Patient:innen zum Einsatz. Sie servieren zum Beispiel Essen, unterhalten sich mit ihnen, geben Orientierung und informieren. „Aber pflegen, heilen und therapieren können sie nicht. Hier braucht es immer einen Menschen“, betont Martin.
Er selbst hat jahrelange Berufserfahrung in der Pflege und weiß, dass eine stützende, tröstende Hand, Hautkontakt, eine menschliche Berührung niemals von einem Roboter ersetzt werden kann. „Auch ihre Fähigkeiten zur Empathie sind eingeschränkt. Meines Wissens gibt es keinen Roboter, der unterscheiden kann, ob sein Gegenüber vor Schmerzen weint, aus Trauer heraus, ob es Freudentränen sind oder ob es vor lauter Lachen ist“, ergänzt er.
„Als Interessenvertretung begrüßen wir den Fortschritt, solange er unterstützend ist und nicht ersetzt. Beim derzeitigen Personalmangel hilft der da-Vinci-Roboter nicht“, sagt Edgar Martin.
Text: Sophie Brandl