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Minister Rauch verhöhnt bei Schwerarbeit Pflegekräfte

Bundesminister Johannes Rauch verhindert weiterhin eine gerechte Schwerarbeitsregelung – und missachtet dabei die Position seiner eigenen Partei

Die Gewerkschaften aller Bundes-, Landes- und Gemeindebediensteten im Gesundheitsbereich haben Gesundheitsminister Johannes Rauch in einem offenen Brief dazu aufgefordert, die Benachteiligung des Gesundheitswesens bei der Schwerarbeitsregelung zu beenden. Kurz vor der Wahl hat der Minister mit einem Schreiben geantwortet, das jetzt für heftige Kritik von der GÖD-Gesundheitsgewerkschaft und der younion – Team Gesundheit sorgt. Der Minister hält an der Benachteiligung fest und verweigert eine Reform.

Gerade im Gesundheitswesen, wo Beschäftigte hohen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt sind, ist die Schwelle zum Nachweis von Schwerarbeit besonders hoch. Wer eine Schwerarbeitspension ab dem 60. Lebensjahr beantragt, muss 120 Schwerarbeitsmonate nachweisen. Damit ein Monat dazuzählt, muss man darin 15 Tage Schwerarbeit a` 8 Stunden verrichtet haben. In vielen Berufsgruppen mit 8-Stunden-Tagen sind das umgerechnet 120 Stunden.

Doch im Gesundheitswesen dauern die Schichten oft 12 Stunden und länger. Macht eine Pflegekraft nun 14 dieser besonders belastenden Dienste im Monat, kommt sie sogar auf 168 Stunden. Dem Minister ist das aber zu wenig, denn der Monat zählt trotzdem nicht. Die Gewerkschaften fordern daher eine einfache Korrektur: eine stunden- statt einer tageweisen Berechnung.

Schon im Mai hatten die Gewerkschaften einen bundesweiten Aktionstag für eine Reform der Schwerarbeitsregelung abgehalten, unter anderem mit Versammlungen vor Krankenhäusern, Kliniken, Pflege- und Betreuungszentren in ganz Österreich. Minister Rauch blieb untätig, darum folgte der offene Brief.

In seiner Antwort winkte der Minister ab und verwies auf die 15-Tage-Grenze als gängiges Kriterium für einen Versicherungsmonat. Zusätzlich listete er noch die aktuellen Voraussetzungen für Schwerarbeit auf. Und er schloss mit dem Hinweis, dass die Bundesregierung bereits „zahlreiche Maßnahmen“ gesetzt habe, die „zur Attraktivierung der Pflegeberufe beitragen sollen.“

Abweichung von grüner Parteilinie

Besonders pikant: Der Minister liegt mit der eigenen Partei inhaltlich quer. Während Rauch die Ablehnung einer Reform damit begründet, dass „Pflegekräfte bereits aktuell unter bestimmten Voraussetzungen die Kriterien für das Vorliegen von Schwerarbeit“ erfüllen – etwa einen Mindest-Kalorienverbrauch – kritisieren die Grünen genau diese Kriterien.

In einer Befragung durch die Gewerkschaft schrieb die Partei, mit besonderem Blick auf den unterschiedlichen Kalorienverbrauch bei Männern und Frauen: „So lange Schwerarbeit (und die Schwerarbeitspension) an 45 Versicherungsjahre und einen fiktiven Mindestverbrauch an Kalorien gebunden ist, haben Frauen, aber auch viele männliche Arbeitnehmer in Schwerarbeitsberufen keinen gleichberechtigten Zugang.“ Daher sind die Grünen im Gegensatz zu ihrem Minister für eine „Modernisierung der Schwerarbeitsregelung“.

„Minister hinterlässt eine Baustelle“

„Die Antwort von Minister Rauch ist eine weitere Verhöhnung jener Menschen, die unser Gesundheitswesen täglich am Laufen halten. Nach jahrzehntelanger Hingabe unter schwersten Belastungen müssen sie vor Gericht die eigene Schwerarbeit anhand von Kalorientabellen und anderen Aufzeichnungen nachweisen. Das ist entwürdigend und jedenfalls das Gegenteil von Wertschätzung“, so Edgar Martin, Vorsitzender der younion – Team Gesundheit. „Bundesminister Rauch, der seinen Rückzug aus der Politik schon angekündigt hat, zählt scheinbar nur noch die Tage bis zum Regierungswechsel. Damit hinterlässt er seiner Nachfolge bewusst eine Baustelle, denn diese Ungerechtigkeit ist und bleibt untragbar.“ Die Korrektur der Schwerarbeitsregelung müsse jedenfalls Teil des kommenden Regierungsprogramms werden, so die Gewerkschaften.

Reinhard Waldhör, Vorsitzender der GÖD-Gesundheitsgewerkschaft: „Dauernd hören wir, die Politik wolle die Berufe im Gesundheitswesen attraktiver machen. Aber es ist nun mal nicht sehr attraktiv, chronisch krank in Pension zu gehen. Das verschlimmert unsere Personalknappheit und macht die Arbeit noch belastender.“

Zum Schreiben von Minister Rauch sagt Waldhör: „Das ist völlig inakzeptabel. Aber bei diesem Ex-Minister in spe lohnt es sich gar nicht mehr, ihn zum Rücktritt aufzufordern. Was von selbst geht, soll man nicht drängen. Doch wer immer als nächstes ins Gesundheitsministerium einzieht, kann gleich mit uns rechnen und darf sich dafür bei Johannes Rauch bedanken.“