Im Grunde geht’s nur um die Liebe
Auch wer Hass und Intoleranz sät, will eigentlich nur geliebt werden, meint Sängerin und Moderatorin Birgit Denk im younited-Interview.
younited: Du tourst mit dem Programm „Des muss wohl Liebe sein“ durch Österreich. In Zeiten wie diesen: Warum ausgerechnet das Thema Liebe?
Birgit Denk: Es geht in Zeiten wie diesen, und vorher und nachher, um gar nichts anderes. Im Grunde geht’s nur um die Liebe. Wir rittern in dieser Welt immer um Liebe, die einen absichtlich, die anderen unabsichtlich. Die einen merken’s, die anderen nicht. Es gibt auch welche, die dieses Rittern hinter Hass, Intoleranz und sonstigen Sachen verstecken. In Wirklichkeit geht’s aber immer darum, dass wir alle geliebt werden wollen. Um gar nichts anderes geht’s auf dieser Welt.
Gerade in Zeiten wie diesen, wo man das Gefühl hat, dass es viel salonfähiger geworden ist, jemanden auszurichten, wie deppert er ist, wie ungut er ist und am nächsten Baum aufgehängt ghört, umso mehr sollten wir wieder spüren, dass es ums Zusammenhalten und das Liebhaben geht.
younited: Du singst in einem deiner Lieder davon, wie dich das Kauen, das Atmen und die Art des Kaffeeumrührens deines Partners stört, aber es trotzdem aushältst. Du kommst dann zu dem Schluss: Des muss wohl Liebe sein.
Birgit Denk: Liebe ist ja nicht nur das, wenn man jemanden an seiner Seite aushält, wenn alles rosarot und Sonnenschein ist. Wir wissen ab einem gewissen Alter, dass es diese Hollywood-Liebe mit dem Ritt in den Sonnenuntergang nicht gibt. In dem Lied geht’s genau darum, dass man sagt: Des muss Liebe sein, wenn ich ihn aushalte, obwohl er so schmatzt beim Essen. Bei jedem anderen würde ich sagen: Kannst bitte zum Schmatzen aufhören, oder ich würde den Tisch wechseln. Dass ich es nicht tue, ist wohl eines der vielen Zeichen, dass es Liebe sein muss. An dieser Akzeptanz und auch der Liebe muss man aber arbeiten, sonst wächst sie nicht.
younited: Ein paar Seiten weiter vorne haben wir einen Artikel über die Liebe am Arbeitsplatz. Du hast ja auch so etwas eigentlich, denn Alex Horstmann, dein Partner, ist auch dein Bandleader. Wie funktioniert das?
Birgit Denk: Wir sind beide selbstständige Musiker:innen und haben keinen Nine-to-five-Job. Bei uns ist Arbeit anders geregelt. Nach langen Jahren bin ich auch draufgekommen, dass es mir sehr hilft, wenn ich einen Mann an meiner Seite habe, der ein ähnliches Berufsbild hat wie ich. Ich muss ihm nicht erklären, dass ich nach einem Auftritt nicht gleich nach Hause kommen kann.
Es ist aber tatsächlich so, dass ich mir nichts Schöneres vorstellen kann, als mit dem Mann, den ich liebe, auch arbeiten kann. Ich verbringe sehr gerne viel Zeit mit Alex.
younited: Du besingst in einem deiner Lieder auch eine verflossene Liebe. Wer war der Italiener mit dem klingenden Namen „Alfio Settembre“?
Birgit Denk: Ich habe ihn mit 19 Jahren in Wien kennengelernt. Er war aus Sizilien und nach seiner Matura auf Europareise. Wir hatten nur einen Abend gemeinsam, da er am nächsten Tag heimgefahren ist. Ich dachte mir: Du bist der Mann meines Lebens – so kommt du mir nicht davon. Ich habe dann in der Jugendherberge, wo er geschlafen hatte, seine Adresse erschlichen und ihm einen Brief geschrieben. Er hat geantwortet, dass ich sofort kommen soll. Einen Monat war ich hackeln, damit ich mir die Reise leisten konnte und bin dann – zur großen Freude meiner Eltern – nach Sizilien gefahren.
Als mir Alfio aber nach zwei Wochen einen Heiratsantrag gemacht hat, dachte ich mir, dass das doch nicht mein Film ist – und bin wieder zurück. Hätte ich den Antrag angenommen, hätte ich vermutlich acht Kinder und würde jetzt wohl meine Enkerln und die Mafia bekochen.
younited: Bevor du hauptberufliche Musikerin geworden bist, hast du viele Jahre als Sozialpädagogin gearbeitet.
Birgit Denk: Ich sehe mich noch immer als Sozialpädagogin – und habe mit 19 meine Ausbildung nach der Matura begonnen. Schon damals habe ich gewusst, dass das ein Job ist, den man nicht zu jung starten sollte. Darum bin ich auch eine große Gegnerin der Pflegelehre. Das ist kompletter Quargel, weil das wirklich ein harter Beruf ist. Da werden junge Menschen, die sich selbst noch nicht gefunden haben, mit Dingen konfrontiert, die oft sehr verstörend sind. Die Ausbildung habe ich übrigens finanziert, indem ich als Heimhelferin gearbeitet habe. Die Musik war aber immer in meinem Leben.
younited: Wie kam es dann zum Wechsel in die Musik?
Birgit Denk: Im Jahr 2006, mit 35 Jahren, habe ich bemerkt, dass sich das mit der Musik finanziell ausgehen könnte. Ich habe dann gekündigt und mich selbstständig gemacht. Das heißt aber nicht, dass ich meinen Job als Sozialpädagogin nicht gerne gemacht habe, ganz im Gegenteil. Ich habe ein Wohnhaus geleitet und mich pädagogisch verwirklichen können. Das hat alles total gepasst. Gewerkschaftsmitglied war ich natürlich auch.
younited: Kannst du dir vorstellen, wieder in den alten Job zurückzukehren?
Birgit Denk: Ich habe immer im Hinterkopf, wenn mir das alles zu deppert wird, dann gehe ich wieder zurück. Ich habe da überhaupt keine Berührungsängste. Aber im künstlerisch-kulturellen Bereich hat man auch recht viele Möglichkeiten, seine sozial-pädagogische Ader auszuleben.
WAS WEISST DU ÜBER DIE LIEBE?
„Die Liebe ist alles. Das weiß ich über die Liebe.“
Über Birgit Denk
Birgit Denk (52) hat viele Jahre als Heimhelferin und Sozialpädagogin gearbeitet, bevor sie mit 35 hauptberufliche Musikerin und Moderatorin wurde. Sie tourt mit dem Programm „Des muss wohl Liebe sein“ durch Österreich. Auftritte gibt es z. B. am 16.3. in Melk, am 28.3. im Wiener Stadtsaal und am 30.4. im Grazer Orpheum.
Interview: Marcus Eibensteiner