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Europäische Pflegestrategie: Prioritäten zur Gewährleistung hochwertiger Pflege

Die Menschen müssen im Alter Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Pflege haben, betonten mehrere Interessenvertreter*innen in einer Debatte über die europäische Pflegestrategie am 17. November in Brüssel. Dieser Zugang ist ein Schlüsselelement der Europäischen Säule sozialer Rechte.

Die Debatte wurde von der AK EUROPA, dem Europäischen Gewerkschaftsverband für den öffentlichen Dienst (EGÖD), dem Verband der europäischen Sozialarbeitgeber (FESE) und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) organisiert. Alle begrüßten die vorgeschlagene europäische Pflegestrategie, da sie sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene eine Debatte darüber anstößt, wie die Pflege verbessert werden kann und was für die Arbeitnehmer*innen, die Pflege leisten, und für die Pflegebedürftigen erforderlich ist. Der Vorschlag wird von einer Empfehlung zur Langzeitpflege begleitet. Diese Empfehlung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Aktionspläne zur Verbesserung der Pflege ausarbeiten müssen.

Jan Willem Goudriaan, Generalsekretär des EGÖD, wiederholte seine Kritik, dass eine Verwässerung der Empfehlung durch die Mitgliedstaaten eine Enttäuschung wäre. Die Pflegestrategie erkennt an, dass Pflege ein öffentliches Gut ist, aber sie geht nicht weit genug, um die Kommerzialisierung der Pflege zu stoppen und umzukehren. Es ist positiv, dass die Strategie anerkennt, dass die Arbeitskräfte von entscheidender Bedeutung sind. Pflegekräfte verdienen eine angemessene Entlohnung und gute Arbeitsbedingungen. Tarifverträge sind der Weg dorthin. Diejenigen, die öffentliche Mittel und öffentliche Aufträge erhalten, sollten verpflichtet sein, einen Tarifvertrag abzuschließen. Für die Gewerkschaften gilt es, die Macht der Arbeitnehmer*innen am Arbeitsplatz und in der Branche zu stärken.

Arbeitsbedingungen und Finanzen

Gregor Tomschizek, Präsident der Sozialarbeitgeber, stimmte der Notwendigkeit zu, die Entlohnung und die Arbeitsbedingungen zu verbessern, in die ständige berufliche Weiterentwicklung zu investieren und den sozialen Dialog in der Branche zu stärken. AK-Präsidentin Renate Anderl schloss sich den Forderungen und der gemeinsamen Arbeit der Sozialpartner an. Sie sah die Notwendigkeit, die Bedingungen sowohl im Gesundheits- als auch im Sozialbereich zu verbessern und einen Pflegefonds einzurichten, um die Entwicklung des sozialen Schutzes für pflegebedürftige Menschen zu unterstützen. Eine Erbschafts- und Vermögenssteuer sind Möglichkeiten, die Investitionen zu finanzieren und die öffentliche Finanzierung in Österreich sicherzustellen.

Geschlechterdimension der Pflege

Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Evelyn Regner (Österreich, S&D-Fraktion) betonte die geschlechtsspezifische Dimension der Pflege. Der Großteil der Pflegearbeit wird von Frauen geleistet, sowohl im informellen Sektor als auch im Berufsleben. Europäische Maßnahmen wie die Richtlinie über geschlechtsspezifische Lohntransparenz werden dazu beitragen, das Lohn- und Pensionsgefälle, das nach wie vor groß ist, zu verringern. Eine bessere Entlohnung der überwiegend weiblichen Arbeitskräfte im Pflegesektor wäre ein großer Schritt zur Verringerung des Lohngefälles. Sie erinnerte daran, dass der 15. November der Europäische Tag der Lohngleichheit ist – ab diesem Datum arbeiten Frauen in der EU umsonst.

Menschenrechte in der Pflege

Eine Grundsatzrede hielt Bernhard Achitz, Mitglied der österreichischen Volksanwaltschaft. Er betonte, dass Personalmangel niemals eine Rechtfertigung für Menschenrechtsverletzungen sein kann. Deshalb sei es Aufgabe der Politik, die Ressourcen bereitzustellen, damit genügend Menschen im Gesundheits- und Pflegesektor arbeiten wollen. Das Büro des Volksanwaltes untersuchte Beschwerden in Senecura – einer Tochtergesellschaft des französischen Pflege-Multis Orpea – nachdem es über Menschenrechtsverletzungen informiert wurde.

Weiterführende Informationen:

Quellen:
AK EUROPA (Österreichische Bundesarbeitskammer Büro Brüssel), Europäische Kommission, Europäischer Gewerkschaftsverband für den Öffentlichen Dienst (EGÖD), Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB), Verband der europäischen Sozialarbeitgeber (FESE), Volksanwaltschaft;